Pirat auf Beutezug – Unterstützungsunterschriften sammeln in Kirchlengern

Nachdem die Mitglieder der Piratenpartei des Kreises Herford Hannes Gesmann und mich zu Direktkandidaten für die Wahlkreise Herford I und Herford II nominiert hatten, war ich heute in meinem Heimatort Kirchlengern unterwegs, um Unterstützungsunterschriften zu sammeln. Schließlich reicht es nicht, von der Partei als Direktkandidat ausgerufen zu werden, man muß in seinem Wahlkreis auch 100 Unterschriften von Wahlberechtigten einheimsen. Für mich als Dortmunder ist das nicht ganz einfach, da ich nicht im Wahlkreis wohne und nicht nach Feierabend mal eben noch ein Stündchen Unterschriften sammeln kann. Da gehört eine Zugfahrt von fast zwei Stunden dazu und nach erfolgter Sammelei dasselbe zurück in die Heimat.

Jedenfalls bin ich am heutigen Samstag gegen 11 Uhr beim »Stützpunkt Eltern« angekommen und konnte direkt 14 Unterschriften in Empfang nehmen, die meine Leute selbst geleistet oder gesammelt hatten. Dann ging es auf die Tour von Haus zu Haus, zum Teil mit meinem Vater, zum größten Teil allein. So ließ sich die Zahl 14 im Lauf des Tages auf 68 steigern. 14 Formblätter sind noch unterwegs, bei denen ich mit einem Rücklauf von mindestens 50 Prozent rechne. Damit haben wir eine prima Ausgangsbasis für die restlichen 25 Unterschriften. Oder besser: für die restlichen 45, denn wir sollten einen Puffer für irgendwelche nichtbestätigten Unterschriften haben.

Das Sammeln von Haus zu Haus funktioniert im Prinzip ganz gut. Trotzdem braucht es seine Zeit, denn ich habe an vielen Stellen niemanden angetroffen. Es kostet Zeit, immer wieder eine Weile vergeblich vor der Tür zu stehen und zu warten. Dort, wo die Leute zu Hause waren, haben über den Daumen gepeilt etwa 40 Prozent unterschrieben.

Von Einzelfällen gibt es zu berichten: Da ist der Mann, der noch nie etwas von der Piratenpartei gehört hat und wissen will, wofür wir stehen. Ich präsentiere die Kurzfassung und nenne Bürgerrechte und Datenschutz. Da bin ich aber an den Falschen geraten! »Ich bin Polizeibeamter«, meint er, »und Datenschutz ist ja wohl das Allerletzte!« Auch mein Hinweis auf seinen Kollegen auf unserer Landesliste überzeugt ihn nicht. Tja, leider keine Unterschrift!

Oder ein anderer Mann, der nicht unterschreiben will. »Und ich sage Ihnen auch, warum. Der Grund besteht aus drei Buchstaben, und der erste ist ein S.« Ich: »Ja, aber ein wahrer Demokrat setzt sich dafür ein, daß auch andere Parteien eine Chance bekommen, obwohl er sie selbst nicht wählt.« Das überzeugt. Unterschrift bekommen!

Mich freuen

  • die alten Menschen, die mich in ihr Wohnzimmer gebeten haben,
  • die jungen Leute, die gern unterschrieben haben,
  • der Mann, der mich im ERF gehört hatte,
  • der junge Mann, der es toll findet, daß die Piraten endlich auch in Kirchlengern antreten,
  • der alte Mann, der an der Tür sehr skeptisch guckt, mich aber ins Haus holt, als er etwas von Grundrechten hört,
  • die junge Frau, die ich von früher kenne, die aber dennoch nicht sofort unterschreibt, sondern sich erst genauer informieren will. Gut, daß ich noch einen Restposten Flyer vom Bundestagswahlkampf habe!

Geholfen haben die Zeitungsartikel, die ein paar Tage vorher in den beiden Lokalblättern erschienen sind. Mancher hat mich vom Foto her wiedererkannt und war dadurch deutlich aufgeschlossener, auch wenn das noch lange keine Garantie für eine Unterschrift ist.

Geholfen haben persönliche Kontakte, sowohl direkte wie indirekte. Die Mutter eines CDU-Mannes unterschreibt nur, »weil ich Ihre Mutter schätze.« Jemand, den ich gar nicht kenne, schickt gerade einen Spendenwerber weg, als ich komme. Mich hingegen begrüßt er mit Namen und bittet mich sofort herein, »weil ich mit Ihrem Vater im Presbyterium zusammengearbeitet habe.«

Insgesamt war die Aktion eine gute Sache und zwar nicht nur wegen der 68 Unterschriften. Denn auch bei denjenigen, die nicht unterschreiben wollten, ist etwas passiert: Sie haben den Namen »Piratenpartei« gehört und gemerkt, daß es uns gibt. Im Wahlkampf werden sie bewußt oder unbewußt eine Spur besser auf die Piratenpartei achten. Das nützt selbst dann, wenn sie bei der Landtagswahl nicht die Piratenpartei wählen. Denn das, was wir heute aussähen, ist nur ein winziger Same. Ein Same, der gesät ist, geht nicht sofort auf. Ein Sprößling ist nicht sofort groß. Ein Baum trägt nicht sofort Früchte. Das braucht alles seine Zeit. Aber die Zeit arbeitet für uns, und irgendwann gibt es Früchte zu ernten.

Aber erstmal gilt es, die restlichen Unterschriften einzuheimsen! Am Mittwoch bin ich wieder in Kirchlengern.

Aktualisierung (Neudeutsch: Update) vom 2010-03-17:

Heute habe ich die restlichen Unterschriften gesammelt, allerdings nicht, wie zunächst geplant, in Kirchlengern, sondern in Bünde. Dort wollte ich an meiner alten Schule, dem Freiherr-vom-Stein-Gymnasium, volljährige Oberstufenschüler abfangen. Das ging voll daneben. Zwar kamen nach Schulschluß reichlich Schüler aus dem Gebäude, wahlberechtigte waren aber nicht dabei oder konnten mir erfolgreich ausweichen. Also machte ich mit der bewährten Haus-zu-Haus-Methode weiter und konnte im Lauf einiger Stunden 35 Unterschriften sammeln. Insgesamt habe ich jetzt 118 Unterschriften, was auch bei ein paar Ungültigen für die Kandidatur reichen sollte.

Zum Schluss noch zwei Begegnungen aus der Rubrik »Geschichten, die das Leben schrieb«: Nichtsahnend klingelte ich an einer Tür und stellte mich vor. Der ältere Herr begrüßte mich sehr herzlich und wußte sofort, wer ich bin. Und er? Er war vor 40 Jahren mein Klassenlehrer in der Grundschule und konnte sich sogar noch daran erinnern, auf welchem Platz ich in der Klasse gesessen hatte! Seine Frau und er baten mich ins Haus, ich bekam eine Tasse Kaffee, ein Täfelchen Schokolade als Wegzehrung – und zwei Unterschriften.

Zwei Häuser weiter ein Gespräch mit einer alten Dame, die noch nie etwas von der Piratenpartei gehört hatte, sich aber geistig hellwach zeigte und sehr interessiert ist an dem, was die Piraten wollen. Leider sind die NRW-Flyer noch nicht fertig, aber ich konnte ihr immerhin einen alten Flyer aus dem Bundestagswahlkampf 2009 geben. Sie sah ihn sich aufmerksam an. Unterschreiben mochte sie dann doch nicht, aber es könnte sein, daß ich eine Wählerin gewonnen habe.