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Atommüll selbst vernichten – oder doppelt und dreifach zahlen!

Zum gerade laufenden Bundesparteitag 2013.1 der Piratenpartei in Neumarkt hat die Nuklearia einen Antrag eingereicht, der für die Forschungsförderung in Sachen Transmutation plädiert. Mit Transmutation läßt sich Atommüll aus gebrauchten Brennelementen insofern unschädlich machen, als sie aus langlebigem Atommüll kurzlebigen macht und die nötige Lagerdauer von 300.000 Jahren auf 300 Jahre verkürzt. Außerdem werden große Menge Energie freigesetzt, die man zur Strom- und Kraftstoffproduktion nutzen kann – stabil und klimafreundlich.

Radiotoxizität: Wie gefährlich ist ein radioaktiver Stoff im Menschen?

Entscheidend für die Sache mit dem Atommüll ist die sogenannte Radiotoxizität: Sie sagt aus, wie gefährlich eine radioaktive Substanz ist, wenn sie in den menschlichen Körper gelangt. Die Abbildung zeigt, wie es mit der Radiotoxizität gebrauchter Brennelemente aussieht:

RadiotoxizitätDie blaue Linie zeigt die gesamte Radiotoxizität gebrauchter Brennelemente. Sie nimmt nur sehr langsam ab und hat erst nach rund 300.000 Jahren das Niveau von natürlichem Uranerz (violette Linie) erreicht.

Schuld an diesem langsamen Abklingen sind die Transurane (rote Linie). Das sind Plutonium, Americium, Curium und weitere Substanzen, die schwerer als Uran sind. Wie man sieht, machen sie den Löwenanteil der Radiotoxizität aus.

Die grüne Linie zeigt die Radiotoxizität der Spaltprodukte. Sie ist anfangs ebenfalls sehr hoch, klingt dann aber sehr viel schneller ab als die der Transurane. Bereits nach 300 Jahren ist sie auf dem Niveau natürlichen Uranerzes angekommen. Sie fällt weiterhin schnell ab, um nach 800 Jahren bei nur einem Prozent der Radiotoxizität von Uranerz anzukommen.

Transmutation spaltet die langlebigen Transurane und macht aus ihnen kurzlebige Spaltprodukte. Dadurch gilt nicht länger die rote Linie, sondern die grüne! Das verkürzt die Lagerdauer auf ein Tausendstel! Eine gute Sache also!

Deutschland ohne Transmutation – das wird teuer!

Nun gibt es allerdings Bedenkenträger, die sich damit gar nicht anfreunden können und am liebsten jede Art Kerntechnik von deutschem Boden verbannen möchten. Für unsere Bundesregierung ist die direkte Endlagerung des Atommülls alternativlos, und von der Opposition oder von sogenannten Umweltschützern kommen ebenfalls keine anderen Stimmen. Transmutationsforschung ist kein wirkliches Thema, auch wenn sich Deutschland am europäischen Forschungsprojekt Myrrha beteiligt. Schnelle Reaktoren, die ebenfalls Transurane spalten können, sind  für viele ohnehin ein Reizthema. Deutsche Politiker diskutieren nicht, ob wir ein Endlager »für die Ewigkeit« brauchen, sondern nur, wo es hin soll.

Aber was passiert, wenn Deutschland hier nichts tut uns passiv bleibt? Wenn Deutschland nichts erforscht und nichts entwickelt? Meiner Ansicht nach wird folgendes geschehen:

  • Erstens wird sich herausstellen, daß die heute favorisierte direkte Endlagerung nicht durchführbar ist. Denn niemand will das Zeug haben wollen: »Anderswo gerne, aber bitte nicht zu mir!«
  • Zweitens werden Unternehmen in anderen Ländern durchaus Transmutationsanlagen bauen, zum Beispiel Schnelle Reaktoren mit integrierter Brennelementwiederaufarbeitung – Reaktoren, die Atommüll als Brennstoff nutzen können. Rußland kommt einem da als erstes in den Sinn, weil die Russen sehr viel Erfahrung mit Schnellen Reaktoren haben und ohnehin ihre gesamte Kernkraftstrategie Ende 2012 auf Schnelle Reaktoren umgestellt haben.
  • Drittens wird Deutschland wohl oder übel seine gebrauchten Brennelemente in diese Länder exportieren müssen – Stichwort Atommüllexport. Denn mit dem Endlager klappt es ja nicht, und außerdem werden die Abnehmer den Atommüll nicht einfach verbuddeln, sondern schön brav und sauber in ihren Anlagen verwerten. Man darf also ein gutes gewissen haben. Eine solche Dienstleistung gibt’s natürlich nicht umsonst! Deutschland wird eine Menge Geld an die Entsorger abdrücken.
  • Viertens machen die Entsorger den Atommüll nicht einfach bloß unschädlich, sondern produzieren daraus klimafreundlichen Strom und klimafreundlichen Fahrzeugtreibstoff. Beides läßt sich prima gegen gutes Geld nach Deutschland verkaufen. So ist der Kreis geschlossen, so zahlen wir doppelt! Ach nein, wir zahlen dreifach, denn die Energiewende hat ja auch ihren Preis.

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Internationale Energieagentur warnt Regierungen vor Klimakollaps

Am 9. November erschien der diesjährige World Energy Outlook der Internationalen Energieagentur (IEA). Darin prognostiziert die IEA den weltweiten Energieverbrauch bis 2035. Die wichtigsten Erkenntnisse: Der Energiebedarf wird weiter enorm ansteigen, Kohlekraft bleibt die Nummer Eins in der Stromproduktion.

Drei Szenarien

Wenn man Prognosen erstellt, trifft man bestimmte Annahmen über Rahmenbedingungen. Die IEA machte das auch und rechnete drei verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen durch:

  1. Im ersten Szenario bleiben die gegenwärtigen politischen Rahmenbedingungen unverändert. Die IEA nennt dies das aktuelle Szenario.
  2. Im zweiten Szenario nimmt die IEA an, daß die in jüngster Zeit von den Regierungen eingegangenen politischen Verpflichtungen vorsichtig umgesetzt werden – auch wenn hier bislang noch nichts geschehen ist. Dieses neue Szenario ist für die IEA das wichtigste der drei.
  3. Das dritte Szenario schließlich unterstellt, daß die Regierungen alles Nötige dafür tun, um den langfristigen Anstieg der mittleren globalen Temperatur auf 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Man nimmt an, daß nur in diesem sogenannten 450-Szenario die Auswirkungen auf das Klima erträglich bleiben.

Düstere Aussichten für den Klimaschutz

Die Aussichten sind äußerst düster. Den Temperaturanstieg auf 2 °C zu begrenzen, wird wohl nicht gelingen, denn dazu dürften keine neuen Kohlekraftwerke mehr gebaut werden. Denn was einmal gebaut sei, so die IEA, das bleibe über Jahrzehnte hinaus in Betrieb – mit gewaltigen Mengen an CO2-Ausstoß und dem entsprechenden Anteil an der Erderwärmung. Bis 2017 sei noch Zeit, den Bau von Kohlekraftwerken weltweit zu stoppen; danach sei es für immer zu spät und eine Begrenzung des Temperaturanstieg auf 2 °C nicht mehr zu schaffen.

Nach Lage der Dinge wird diese Zwei-Grad-Begrenzung wohl eine Illusion bleiben. Es ist ja schon fragtlich, ob die Regierungen ihre freiwilligen Verpflichtungen einhalten, die das zweite Szenario unterstellt. Zur Zeit leben 1,3 Milliarden Menschen, die überhaupt noch keinen Zugang zu Elektrizität haben. Da ist die Versuchung für die betroffenen Staaten groß, diese Menschen mit möglichst billiger Energie zu versorgen. Und das heißt leider: Strom aus Kohle.

Auch Deutschland baut gerade 10 neue Kohlekraftwerksblöcke und wird dadurch die CO2-Emissionen über Jahrzehnte hinaus erheblich steigern. Nötig sind die neuen Kohlekraftwerke durch den Ausstieg aus der Kernenergie, denn Erneuerbare Energien stehen noch nicht im erforderlichen Umfang zur Verfügung, um die wegfallenden Kernkraftwerke zu ersetzen.

Was CO2-Ausstoß und steigende Temperaturen für das Weltklima und für die Menschen bedeuten, soll hier nicht das Thema sein. Ich empfehle aber sehr, zu lesen, was Lars Fischer neulich über die Klimakatastrophe geschrieben hat. Turbulenzen in der Lebensmittelversorgung sind danach erst der Anfang.

Entwicklung der Energieträger

Doch zurück zum World Energy Report 2011. Die IEA geht ja in ihrem Hauptszenario davon aus, daß die Regierungen ihre freiwilligen Versprechen einhalten. Zwar bin ich nicht optimistisch, daß die Regierungen das im vollen Umfang tun, aber schauen wir uns dennoch einmal an, wie sich die Anteile der verschiedenen Energieträger in den nächsten Jahrzehnten laut IEA in diesem Szenario entwickeln:

Entwicklung der Energieträgeranteile bis 2035 (Quelle: IEA)
Entwicklung der Energieträgeranteile bis 2035 (Quelle: IEA)

Den größten Anteil am Gesamtverbrauch wird das Öl behalten, was natürlich Verkehr und Transportwesen geschuldet ist. Kohle erreicht 2025 einen Höhepunkt und geht dann allmählich zurück. Trotz des Rückgangs behält Kohle auch 2035 noch die Spitzenstellung in der Stromproduktion. Sind die Rahmenbedingungen weniger rosig, als das »neue« Szenario unterstellt, ist der Kohleanteil noch höher. Bemerkenswert ist der rasante Anstieg von Gas; die IEA spricht von einem »goldenen Zeitalter« für Gas.

Wie sieht es mit den CO2-armen Alternativen aus? Das Unglück im Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi im März 2011 hat den Anstieg der Kernenergie gebremst, aber beileibe nicht gestoppt. Mit 70 Prozent Zuwachs rechnet die IEA bis 2035. Noch stärker dürfte der Anteil der Erneuerbaren Energien steigen, allerdings von einem niedrigem Niveau aus und nur dann, wenn massive Subventionen fließen. Die sind nötig, um den teureren Strom auf den Elektrizitätsmärkten wettbewerbsfähig zu machen. Die Subventionen müssen von Jahr zu Jahr steigen und 2035 etwa das Fünffache des heutigen Umfangs erreichen. Die IEA sieht diese Förderung der Erneuerbaren trotz der hohen Kosten als sinnvoll an, weil sie dauerhafte Vorteile im Hinblick auf Versorgungssicherheit und Umweltschutz versprechen.

Wasserkraft weist die IEA getrennt von den Erneuerbaren aus. Ihr Anteil an der weltweiten Stromerzeugung bleibt bei ungefähr 15 Prozent, wobei die Hälfte neuer Kraftwerkskapazitäten auf China, Indien und Brasilien entfällt.

Fünf vor 12

Die Prognosen der IEA sind eine Warnung an die Regierungen, endlich ernstzumachen mit wirksamen Klimaschutzmaßnahmen, endlich die CO2-Emissionen zu begrenzen. Das heißt auch, endlich Schluß zu machen mit den Subventionen für Kohle, die diese Art der Stromproduktion künstlich verbilligen. Kohlesubventionen bieten natürlich überhaupt keinen Anreiz zur CO2-Reduzierung – im Gegenteil!

Für Maßnahmen sind jetzt gerade mal noch fünf Jahre Zeit. Allerdings fürchte ich, daß das den meisten Regierungen nicht einmal reichen wird, den Ernst der Lage zu erkennen, geschweige denn, schnell Wirksames zu unternehmen.

Überhaupt nicht verständlich ist im Blick auf den Klimaschutz der Ausstieg der Bundesregierung aus der Kernenergie, denn Kernkraftwerke produzieren bekanntlich CO2-armen Strom. Der Ausstieg ist nur dann zu verstehen, wenn man nicht auf das Klima und auf CO2-Emissionen schaut, sondern auf die Wählerstimmen.

Denn Deutschlands Wähler fürchten sich vor Strahlung, Atommüll und einem zweiten Fukushima. Das kann man einerseits nicht einfach von der Hand weisen, denn selbstverständlich ist das Risiko von Kernkraftwerken höher als das von keinen Kernkraftwerken. Andererseits fehlt den Kernkraftgegnern offenbar die Fähigkeit, verschiedene Risiken miteinander zu vergleichen. Denn sonst kämen sie nicht auf die Idee, die äußerst geringen Risiken aus der Kernenergie durch das hohe Risiko Kohlekraft zu ersetzen, das in die Klimakatastrophe führt und Millionen, wenn nicht Milliarden von Menschen Heimat, wirtschaftliche Existenz oder Leben kosten wird.

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