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Buß- und Bettag

Heute ist Buß- und Bettag. War das früher ein bundesweiter Feiertag, ist das heute nur noch in Sachsen der Fall. Mit Buße und mit Beten können halt nur die wenigsten noch etwas anfangen.

Buße – da denkt man an mittelalterliche Rituale zur Selbstkasteiung und allenfalls an das Bußgeld, das man zu zahlen hat, wenn man sich bei einem Verstoß gegen die Verkehrsregel hat erwischen lassen. Auf jeden Fall nichts Angenehmes! Dahinter steht die Angst vor einem zornigen Gott, der einen übelst straft, wenn man nicht für seine Sünden büßt, sich bessert und ein Leben führt, das Gott gefällt. Von dieser Angst hat die katholische (und seinerzeit einzige) Kirche lange profitiert, weil sie so die Menschen gefügig halten konnte. Ganz zu schweigen vom Fegefeuer, in dem die arme Seele zu büßen hat, durch das sie gereinigt wird, damit sie zu Gott kommen kann.

Die Idee, die dahintersteckt, ist eigentlich sogar durchaus richtig: Der sündige Mensch und der heilige Gott passen einfach nicht zusammen. Damit Mensch und Gott zusammenkommen können, muß irgendetwas passieren, das die Sünde beseitigt. Das Gute: Es ist bereits passiert! Und es ist nicht das, was man landläufig unter Buße versteht. Denn der Mensch ist schlichtweg nicht in der Lage, seine Schuld wegzukriegen, auch wenn er sie durch noch so viele gute Werke und Wohlverhalten zu kompensieren versucht oder jahrtausendelang im Fegefeuer schmort. Den einen oder anderen Fehler kann ich sicher wiedergutmachen, aber spätestens dann, wenn jemand durch meine Schuld dauerhaft zu körperlichem oder seelischem Schaden oder gar vorzeitig ums Leben kommt, kann ich nichts mehr korrigieren. Und viele Menschen leiden unter ihrer Schuld und sehen keinen Möglichkeit, sie loszuwerden.

Gut, daß die Bibel eine völlig andere Vorstellung von Buße lehrt! Martin Luther hat sie wiederentdeckt, und daraus ist dann die Reformation entstanden: Ich kann meine Schuld nicht tragen, und ich muß es auch nicht. Das hat jemand anders schon für mich und für jeden erledigt: Gott selbst. Jesus Christus hat durch seinen Tod am Kreuz vor knapp 2.000 Jahren die Schuld aller Menschen aller Zeiten auf sich selbst genommen. Die Sünde, die uns von Gott trennt, hat er beseitigt.

Buße heißt im Wortsinn Umkehr. Jeder, der will, kann zu Gott umkehren. Er bekommt ein festes Fundament für sein Leben bekommen mit Sinn, Ziel, Hoffnung und vor allem der bedingungslosen Grundliebe Gottes – im Leben und durch den Tod hindurch ein tragfähiges Fundament. Damit kann man dann schon so manchen Gegenwind aushalten.

Das ist sehr cool oder, wie es Luther formulierte: »Buße ist ein fröhlich Ding!« Wer in diesem Sinn Buße getan und zu Gott umgekehrt ist, der ist in Kontakt mit Gott und kann mit ihm reden, sprich: beten. Deswegen ist heute ja nicht  nur Bußtag, sondern Buß- und Bettag. Er erinnert uns daran: Gott ist nicht irgendwo ganz weit draußen und auf Distanz, sondern er läßt mit sich reden.

Ein erstes Gebet könnte so aussehen: »Jesus, ich habe keine Ahnung, was das mit dem Beten und der Beziehung zu dir auf sich hat, und ob und wie das funktioniert. Aber wenn es dich gibt, dann will ich dich näher kennenlernen. Danke, daß du alles weggenommen hast, was mich von dir, von Gott trennt! Ich bin gespannt, was nun passiert. Amen.«

Mehr erfahren über Jesus kann man in der Bibel, vor allem im Neuen Testament. Ach ja: Von einem Fegefeuer steht da nichts drin.

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Katholik und Nichtpiratenwähler – eine Antwort

Heute erhielt ich die E-Mail eines Berliners, der die Piratenpartei bei der Abgeordnetenhauswahl am 2011-09-18 nicht gewählt hatte. Grund war, was die Berliner Piraten zur Religion plakatiert und im Kaperbrief Nr. 7 formuliert hatten. Tobias ist Katholik und hat nach der Wahl einem der frischgebackenen Landtagsabgeordneten, Pavel Mayer, eine Stellungnahme geschrieben. Nun wollte er von mir wissen, was ich als »engagierter Christ« (wenn auch Freikirchler) davon halte.

Da meine Meinung vielleicht auch euch interessiert, habe ich sie hier aufgeschrieben:

Ja, ich sehe vieles genauso wie Tobias, und damit bin ich in der Piratenpartei ganz sicher nicht mehrheitsfähig. Ja, das macht mir Bauchschmerzen! Ja, ich verstehe es sehr gut, daß er die Piraten aus genau diesem Grund nicht gewählt hast! Ich war selbst bereits an dem Punkt, über einen Austritt nachzudenken. Denn es tut weh, wenn andere den ablehnen, der für mich Kern meiner Existenz und Dreh- und Angelpunkt meines Lebens ist: Jesus Christus. Warum ich dennoch in der Piratenpartei geblieben bin, steht hier.

Der Argumentation gegenüber Pavel Mayer kann ich mich durchweg anschließen. Mit zwei kleinen Unterschieden:

  • Ich sehe auch den Glauben an keinen Gott als eine Art Religion an oder – bevor die Atheisten jetzt aufschreien – als eine Weltanschauung. Der Atheist darf gern Atheist bleiben und sich dazu bekennen, wenn er es möchte. Das ist sein gutes Recht – auch wenn ich es inhaltlich bedauerlich finde – vor allem für ihn selbst. Mehr dazu habe ich in »Piraten und Religion« geschrieben.
  • Die Angabe der Religionszugehörigkeit gegenüber dem Finanzamt mag derzeit nur ein Merkmal zur Einziehung der Kirchensteuer sein. Es muß aber keinesfalls dabei bleiben. Wir sehen ja das massive Bestreben des Staates, immer mehr Daten zusammenzuführen, zu zentralisieren und über ihren eigentlichen Zweck hinaus zu nutzen. Das lehnen wir Piraten natürlich ab.

Als Freikirchler finde ich keine einzige Partei, bei der ich mich in Sachen Glauben heimisch fühlen könnte. Okay, da gibt es ein paar dediziert christliche Parteien weit, weit unterhalb der Ein-Prozent-Marke. Die dienen aber meines Erachtens nur der Beruhigung des christlichen Gewissens, »richtig« gewählt zu haben. Eine Chance zur Einflußnahme in unserer Gesellschaft haben sie aber nicht, jedenfalls nicht als Partei. Daß Christen durch das Gebet viel bewirken können, steht auf einem anderen Blatt. Hier steckt weit mehr Potential, als viele – auch viele Christen – für möglich halten.

Eine Partei ist keine Gemeinde. Parteien (plus Nichtwähler) sind ein Spiegel unserer nachchristlichen Gesellschaft. Dort irgendwo eine geistliche Heimat zu finden, erwarte ich daher gar nicht erst. Wenn viele in der Piratenpartei dem Glauben der Christen oder der Religion insgesamt kritisch gegenüberstehen und das deutlich artikulieren, dann ist das ist immerhin ehrlich. Und Ehrlichkeit ist das, was ich an den Piraten schätze!

Auch wenn ich in Fragen des Glaubens nicht mit der Flotte fahre, sondern im eigenen Segelboot gegen den Wind kreuze, so gibt mir das Dabeibleiben auf Sichtweite (und nur dies) die Möglichkeit, Flagge zu zeigen. Wie sollten Piraten denn sonst erfahren, wie Christen wirklich sind und was ihnen wichtig ist, wenn nicht durch Menschen, die dabei sind, ihren Glauben leben und das Maul aufmachen? Ohne Christen in der Piratenpartei blieben ja all die kruden Ansichten unwidersprochen, die manche über Religion im allgemeinen und über das Christsein im besonderen haben! Ach ja, und auch die Bedeutung des Rechts auf Religionsfreiheit nach Artikel 4 GG muß man dem einen oder anderen noch verklickern und zum Beispiel erläutern, daß es bei Religionsfreiheit nicht darum geht, in der Öffentlichkeit nicht durch Religion behelligt zu werden.

Nun, wenn die Piratenpartei schon keinen Gebetskreis gründet, so können Nichtchristen und Christen dennoch gemeinsam an der einen oder anderen Stelle die Welt ein Stückchen besser machen. Nach dem Wahlerfolg in Berlin werden wir gerade von den Medien überrannt und von der Öffentlichkeit und den übrigen Parteien endlich wahr- und ernstgenommen. Das verbessert unsere Chancen, einen neuen Stil in die Politik zu bringen: mit Ehrlichkeit, Sachlichkeit, Transparenz und Bürgerbeteiligung.

(Hm, und warum sollten Piratenchristen eigentlich keinen Gebetskreis gründen? Mit Mumble wär’s ja möglich.)

Update (2011-10-02): Tobias mit erlaubt, seinen Namen zu nennen. Und er hat seinen Text online gestellt, so daß ich ihn (den Text) verlinken konnte.