
Nach der Roadshow in den USA war POET Technologies vom 17. bis 20. November in Europa unterwegs. Am letzten Tag hatte ich das Vergnügen, mich mit Michael F. White und Pavit Lamba von IBK Capital Corp. in Frankfurt zum Frühstück zu treffen. Eigentlich hätte auch POET-Chef Dr. Suresh Venkatesan dabeisein sollen; leider war er aber wegen eines familiären Notfalls verhindert.
English abstract: Following their roadshow in the USA, POET Technologies from November 17th to 20th also presented in Europe. On their last day I had the pleasure to meet Michael F. White and Pavit Lamba of IBK Capital Corp. in Frankfurt for breakfast. Actually POET’s CEO Dr. Suresh Venkatesan also wanted to be with us. Unfortunately, however, a family emergency prevented him from coming.
- English readers, please find an automatic Google translation of the complete article here. However, please beware it is anything but perfect!
IBK Capital spielte bei der Finanzierung von POET Technologies bzw. damals OPEL Technologies eine wichtige Rolle und hält selbst ein größeres Paket POET-Aktien. Aus 27 Jahren im Investmentgeschäft habe IBK viele gute Kontakte nach Europa, erläuterte Michael White, Präsident und CEO des Unternehmens. Bei den Finanzierungen, die IBK organisiere, stamme rund die Hälfte des Kapitals aus Europa.
Europa-Roadshow
Auf dieser Basis hatte IBK den europäischen Teil der POET-Roadshow organisiert und seine Kontakte zu Veranstaltungen in London, Monaco, Paris und Frankfurt eingeladen. Um die Roadshows in den USA und in Asien kümmern sich andere Veranstalter; dazu konnten White und Lamba nichts sagen.
Beide räumten sogleich mit dem Vorurteil auf, die Roadshows seien nur einem elitären Zirkel aus Fondsmanagern und Vermögensverwaltern vorbehalten, und das gemeine Fußvolk müsse draußen bleiben. Die Veranstaltungstermine seien ja gerade deswegen auf der POET-Website publiziert worden, um Interessenten auf die Roadshow aufmerksam zu machen und an Bord zu holen. Wer sieht, daß POET Technologies in seiner Nähe Station mache, solle das Unternehmen kontaktieren und nach einer Einladung fragen. – Nun gut, das mag die Absicht gewesen sein, allerdings war dies zumindest bei den Kleinaktionären so nicht angekommen.
Ziel der Roadshow ist es, das Unternehmen vorzustellen – es ist ja so gut wie unbekannt – und Beziehungen zu potentiellen Investoren aufzubauen. Inhaltlich geht es in den Veranstaltungen um eine erste Einführung in POET. Die Teilnehmer der Roadshow wissen in der Regel noch nichts über das Unternehmen, sondern besuchen die Veranstaltung gerade deswegen, weil sie sich aufgrund der Beziehung zu IBK Capital spannende Informationen erhoffen und interessante Investitionsmöglichkeiten kennenlernen wollen. Häufig bringen bestehende Kontakte auch neue Leute mit. White und Lamba erzählten begeistert von der Veranstaltung in Paris: Unter den 27 Teilnehmern sei kein einziger POET-Aktionär gewesen – was gut sei –, und rund die Hälfte der Leute hätten sie vorher überhaupt noch nicht gekannt. Von den Neuen wiederum waren viele mit dem Halbleitergeschäft vertraut, was für das Verständnis der POET-Technik und der Marktchancen natürlich zuträglich war.
Neben den öffentlichen Roadshow-Veranstaltungen gibt es auch private Treffen mit potentiellen Investoren, die nicht in Erscheinung treten wollen. Die Termine in Frankfurt, die White und Lamba anschließend wahrnehmen wollten, fielen in diese Kategorie. Daher konnte ich daran zwar nicht teilnehmen; erfreulicherweise ließ sich aber immerhin das Frühstückstreffen mit den beiden IBK-Managern einschieben.
Neuer Produktmanager an Bord
Egal, ob öffentlich oder privat, die Roadshow orientiert sich inhaltlich an der Unternehmenspräsentation, die auf der POET-Website zu finden ist. Für Europa hatte Suresh Venkatesan allerdings eine modifizierte Fassung ausgearbeitet, die weniger technisch daher kommt und stattdessen mehr zum Unternehmen und zum Geschäftsplan sagt. Eine Überraschung enthält die Präsentation dann doch, denn mit Dr. L. C. Chiu ist nun die Position des Leiters der Produktentwicklung besetzt. Der neue Mann hat in der letzten Woche angefangen. Damit ist das Managementteam komplett.
Ob es dazu noch eine separate Medienmitteilung geben wird, weiß IBK nicht. Möglicherweise packe POET Technologies die Information zu einem späteren Zeitpunkt mit einer anderen Nachricht zusammen, vermutet Senior-Analyst Pavit Lamba. Jedenfalls schätzt POET Technologies die Personalie offenbar nicht als potentiell kursrelevant ein, denn sonst wäre eine Veröffentlichung über den offiziellen Kanal fällig gewesen.
Was in den Roadshow-Veranstaltungen vorgestellt und besprochen wird, sind keine Geheimnisse, sondern öffentliche Informationen. Auch unser Gespräch am Frühstückstisch stand unter keinerlei Vorbehalt. White und Lamba waren sogar damit einverstanden, daß ich mein Aufzeichnungsgerät mitlaufen ließ, was der Qualität des vorliegenden Blogbeitrag zugutekommt. Leider hatte ich vergessen, nach einer digitalen Fassung der POET-Präsentation für Europa zu fragen. Die soll ich aber noch erhalten und werde sie dann veröffentlichen. Vielleicht taucht sie aber auch vorher auf der POET-Technologies-Website auf. Bis dahin gibt es eine eingescannte Fassung.
Schade, daß Suresh Venkatesan nicht wie geplant persönlich an der Europatour teilnehmen konnte! Doch er war immerhin bei den meisten Terminen per Telekonferenz zugeschaltet. Michael White meinte, trotz dieses Mankos sei POET Technologies bei den Teilnehmern gut angekommen. Man habe neue Beziehungen aufbauen können, und er sei zuversichtlich, durch die Roadshow die Aktionärsbasis in Europa weiter auszubauen. Übrigens sei diese Aktionärsbasis in Deutschland am stärksten, nach Kanada natürlich, aber vermutlich noch vor den USA.
Erste Schritte: POET Technologies will in die Rechenzentren
Wie will POET Technologies Geld verdienen? Für das Unternehmen steht momentan die erste Produktentwicklung auf dem Programm. Das Ergebnis wird ein auf den ersten Blick recht einfaches Ding sein: ein Datenkabel. Dieses Kabel und vor allem die jeweils auf einem VCSEL-Transceiver basierenden Stecker an den beiden Enden haben es allerdings in sich, wie ich in »Wie funktioniert der optische POET-Transceiver?« näher erläutert habe.
Interessant sind diese Kabel für Rechenzentren, wie sie etwa Google, Facebook und andere Dienstleister betreiben. Das sind gewaltige Gebäudekomplexe, in denen Tausende von Servern, Routern, Switches und anderen Geräten untergebracht sind und ohne Ende Strom fressen. Laut POET Technologies verschlangen diese Rechenzentren 2013 91 Terawattstunden (TWh, Milliarden Kilowattstunden), doppelt soviel wie der Verbrauch von New York City. Für 2020 ist ein Anstieg auf 139 TWh prognostiziert, also 53 Prozent mehr, und unter diesem Vorzeichen darf man gern auch mal die Realitätsnähe oder -ferne grüner Energiesparphantasien bewerten.
Ein großer Teil des Stromverbrauchs in Rechenzentren kommt durch die reine Datenübertragung zustande. Zahllose Datenkabel verbinden die Server eines Rechenzentrums untereinander und mit der Außenwelt. Während längere Strecken durch Glasfaserkabel überbrückt werden, kommen bei kürzeren Entfernungen Kupfelkabel mit oder ohne Energiemanagement zum Einsatz.
Der Stromverbrauch bei Kupferkabeln ist recht hoch, und hier setzt POET Technologies an. Denn das POET-Datenkabel soll, wenn es fertig ist, den Stromverbrauch gegenüber einem Kupferkabel um beeindruckende 99 Prozent absenken.
Den Markt für diese Kabel schätzt Michael White auf vier Milliarden US-Dollar jährlich. Soviel Umsatz dürfte sich bereits dann ergeben, wenn Rechenzentrumsbetreiber die Verkabelung bestehender Server unverändert lassen und nur neue Server mit POET-Kabeln ausstatten.
Dieser Markt ist ausgesprochen attraktiv! Von einem »Blue Ocean« spricht Suresh Venkatesan. Michael White und Pavit Lamba erklären mir, was dieser Begriff bedeutet: Blue Ocean steht dafür, durch Innovationen einen völlig neuen Markt zu schaffen, mit einem Produkt, das es bis dato noch nicht gibt, einen Markt, in dem kein Wettbewerber unterwegs ist und den man daher komplett abdecken und steuern kann. In diesem Ozean schwimmen keine Haie; mangels Wettbewerbern gibt es gibt kein gegenseitiges Zerfleischen (»Red Ocean«). POET Technologies hat alle Chancen, mit seinen VCSEL-Transceivern und optischen Verbindungen über kurze Entfernungen einen Blue Ocean zu erschaffen.
Michael White erläutert, was das für den Aktienkurs bedeutet. Nehmen wir an, von den vier Milliarden Dollar Gesamtumsatz bleiben zwei Milliarden bei POET-Technologies hängen. Mit ein paar weiteren Annahmen müßte dann der Kurs der POET-Aktie bei acht Dollar liegen, so White.
Und damit kratzt POET Technologies erst an der Oberfläche! Mit diesen acht Dollar ist das Kurspotential noch längst nicht ausgereizt, denn außer den Kupferkabeln kann POET auch die heutigen optischen Kabel durch die besseren und billigeren von POET Technologies ersetzen – ein Markt von weiteren fünf Milliarden Dollar.
Einfach mal ausprobieren
Viele Menschen und Unternehmen tun sich schwer damit, sich auf Neues einzulassen. Es ist schwierig, etwa einen Server- oder Smartphone-Hersteller davon zu begeistern, in seinen Modellen die Chips einer bekannten Marke wie Intel, AMD oder ARM durch etwas vollkommen Neues wie POET-Chips zu ersetzen. Die Vorteile mögen ja gut klingen, aber kann das wirklich klappen? Ist die Technik ausgereift? Funktionieren die Lieferketten und alles andere, das mit einer derartigen Neuerung zusammenhängt? Die Investitionen und das Risiko wären jedenfalls nicht ohne! Nein, da bleibt man doch lieber bei dem, was man hat und kennt.
Doch während es für POET Technologies schwierig ist, mit einer neuen Technik in den Server hineinzukommen, sieht das bei einem Datenkabel völlig anders aus. Hier beschränkt sich das Risiko auf 25 Dollar. So viel kostet ein handelsübliches Datenkabel im Schnitt, und nach POETs Motto „Performance of light at the cost of copper“ dürften POET-Kabel nicht viel teurer sein. Ein Rechenzentrumsbetreiber könnte also ein oder zwei oder auch hundert oder zweihundert solcher Kabel kaufen und die Sache einfach mal ausprobieren. Viele Datenkabel lassen sich sogar im laufenden Betrieb auswechseln, ohne auch nur einen einzigen Server im Rechenzentrum herunterfahren zu müssen. Der Aufwand ist gering, das Risiko äußerst überschaubar.
POET im Server
Wenn POET Technologies mit seinen Kabel beziehungsweise mit den zugrundliegenden VCSEL-Transceiver die Anwender überzeugt hat und diese die POET-Technik und ihr Potential verstehen, dann sind die Anwender auch für weitergehende Anwendungen offen, für Anwendungen, die größere Investitionen erfordern. Dann klappt’s auch mit dem Server.
Als nächstes will POET Technologies nämlich in die Server hinein. Baugruppen innerhalb eines Servers sind heute elektrisch miteinander verbunden, mit dem entsprechenden Energiebedarf. Diese elektrischen Verbindungen will POET durch optische ersetzen und Produkte für optische Datenübertragung über sehr kurze Strecken in der Größenordnung 30 bis 50 cm entwickeln und ab 2018 anbieten. Das Marktvolumen sieht das Unternehmen bei über 30 Milliarden Dollar.
POET auf dem Chip
Noch einen Schritt weiter geht die Idee, mit der POET-Technik direkt an Silizium-Hochleistungschips anzudocken. Statt eigene CPUs zu bauen, was – siehe oben – schwierige Überzeugungsarbeit erfordert, will POET Technologies Chipherstellern eine sehr schnelle optische Schnittstelle anbieten, mit denen sie die Leistungsfähigkeit heutiger Chips optimal ausnutzen können, denn die Datenübertragung ist heutzutage der Flaschenhals, siehe auch das Kapitel »Optische Interconnects helfen Highend-Siliziumchips« in »Für POET-Wafer ist gesorgt«. Chiphersteller sind dann für POET Technologies keine Rivalen, sondern Verbündete, mit denen man Geschäfte macht. Diesen Markt taxiert POET Technologies auf 100 Milliarden Dollar und mehr.
Massenproduktion
Zunächst gilt es aber, die Massenfertigung der VCSEL-Transceiver vorzubereiten. Mit Anadigics hat POET Technologies bekanntlich einen Partner gefunden, mit dem man Prototypen entwickeln und erste Stückzahlen produzieren kann. Die geplante Übernahme von Anadigics durch GaAs Labs ändert laut POET Technologies nichts daran.
Allerdings verfügt Anadigics bei weitem nicht über die Produktionskapazitäten, um jährlich mehrere hundert Millionen VCSEL-Transceiver herzustellen. POET Technologies schaut sich daher zur Zeit nach weiteren Partnern um, vor allem in Asien. Ideal wäre eine große Foundry, die für die Produktion von Siliziumchips nicht mehr zeitgemäß ist, sich aber für relativ kleines Geld auf das POET-Verfahren umstellen ließe. Für die Eigentümer solcher Anlagen ist die Zusammenarbeit mit POET Technologies interessant, weil sie so mit einem eigentlich veralteten und abgeschriebenen Maschinenpark weiterhin Geld verdienen können und das auch noch in einem Wachstumsmarkt.
Für POET Technologies ist entscheidend, wie schnell das jeweilige Unternehmen die für das POET-Verfahren notwendigen Nachrüstungen durchführen kann. Die Produktionskapazitäten müssen ja zur Verfügung stehen, wenn POET sie benötigt.
Zeitplan
Erste Prototypen des VCSEL-Transceivers will POET Technologies zusammen mit Anadigics bis Ende des zweiten Quartals 2016 fertig haben. Im vierten Quartal sollen sie in den Handel kommen. Die wirkliche Massenproduktion soll 2017 anlaufen, dann mit einem größeren Partner als Anadigics. Der oder die Partner werden übrigens nicht nur in die Umrüstung ihrer Produktionsstätten investieren müssen, sondern auch Gebühren für die Lizenzierung des POET-Verfahrens abführen. POET-COO Subhash Deshmukh rechnet ab dem zweiten Halbjahr 2016 mit sogenannten NRE-Umsätzen von 15 bis 20 Millionen Dollar je Partner.
Wenn POET Technologies mit einem großen Partner zusammenzuarbeiten will, warum macht man das nicht direkt, sondern dreht eine zusätzliche Runde über die kleine Anadigics? Michael White hat darauf drei Antworten:
- Die Entwicklung der Prototypen in einer Fab sollte unmittelbar beginnen und möglichst keine Vorlaufzeit erfordern.
- Mit BAE Systems besteht zwar eine langjährige Zusammenarbeit, doch fehlt dem Unternehmen die optische Seite der Gleichung.
- Anadigics stand sofort zur Verfügung und bot die beste Kombination aus vorhandenere Erfahrung mit Galliumarsenid und möglichst geringen Kosten. POET Technologies will seine Aktien möglichst nicht weiter verwässern und eine Kapitalerhöhung vermeiden. Der Deal mit Anadigics machte das möglich.
Strategische Partner sind involviert und verfolgen POETs Fortschritte aufmerksam. Jedenfalls steht das gleich zweimal in Venkatesans Präsentation.
Übrigens: Während das offizielle Unternehmensziel von POET Technologies wie oben erwähnt »erste Prototypen Ende Q2/2016« lautet, will Suresh Venkatesan diesen Zeitplan möglichst unterbieten. Er will bereits in seinem Vortrag auf der Compound Semiconductor International Conference am 1. und 2. März 2016 in Brüssel Wafer mit VCSEL-Transceivern präsentieren. Ob das klappt, werden wir sehen. Der offizielle Zeitplan bleibt jedenfalls unverändert.
Weitere Märkte
Aktionäre sollten verstehen, woran das Unternehmens zur Zeit arbeitet und was es laut Roadmap in den nächsten Jahren vorhat. Das ist Michael White wichtig. Damit spricht er die Datenkommunikation an und Lösungen, die auf dem VCSEL-Transceiver basieren, also Datenkabel ab 2017 beziehungsweise Q4/2016, POET im Server ab 2018 und POET auf dem Chip ab 2019.
Natürlich kann POET Technologies prinzipiell auch weitere Märkte erschließen:
- Consumer ($103,7 Mrd.)
- Automotive und Militär ($23,7 Mrd.)
- Industrie ($17 Mrd.)
- Mobility ($107,4 Mrd.)
Da aber kein Unternehmen alle potentiellen Märkte gleichzeitig erschließen kann – erst recht kein so kleines Unternehmen wie POET Technologies – ist Fokussierung angesagt. POET steckt jetzt erstmal alles in die Datenkommunikation. Was später kommt, werden wir sehen.
Natürlich wird sich das POET-Management darüber bereits jetzt Gedanken machen. Doch das passiert hinter verschlossenen Türen. Besonders über Aktivitäten im militärischen Bereich wird sowieso nichts an die Öffentlichkeit dringen. Hier sind grundsätzlich zwei Anwendungen interessant: erstens hochpräzise Infrarotsensoren und zweitens die Möglichkeit, den Sensor wahlweise auch als Laser zu betreiben. Damit könnte man etwa eine anfliegende Rakete erkennen (Sensor) und direkt abschießen (Laser).
Eines ist aber laut White völlig klar: Die Zusammenarbeit mit Tony Blevins, seines Zeichens Einkaufschef von Apple, läuft nach wie vor. Er ist das einzige externe Mitglied in POETs Technology Roadmap Advisory Board. Das TRAB ist jedoch eine interne Arbeitsgruppe, und POET Technologies spricht nicht darüber, was sie tut. Man darf aber wohl vermuten, daß sich das TRAB nicht nur mit Datenkabeln beschäftigt.
Wenn ein Unternehmen seiner Kommunikation Grenzen setzt, hat das Gründe. Vor allem den, daß das, was die Aktionäre wissen, auch Wettbewerbern bekannt ist. Daher ist es manchmal besser, auch als Aktionär nicht alles zu wissen, was das Unternehmen macht und plant. Aktionäre sollten das akzeptieren, appelliert White.
Wie reagieren Roadshow-Teilnehmer?
Was machen die Roadshow-Teilnehmer mit den erhaltenen Informationen? Werden sie sofort losziehen und POET-Aktien kaufen? Einige vielleicht, meint Michael White, aber die meisten würden das wohl nicht tun.
Institutionelle Investoren kaufen in der Regel erst dann, wenn ein Unternehmen Umsätze erzielt und die Kennzahlen passen. POET Technologies hat noch keine Umsätze, und da tun sich Fondsmanager schwer. Schließlich müssen sie ihre Investitionsentscheidungen vor ihren Anlegern verantworten. Institutionelle warten daher lieber ab, bis konkrete Verträge abgeschlossen sind und sie die Größenordnung der Umsätze und Gewinne einschätzen können. Der Vertrag mit Anadigics ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Ziel, aber wegen der begrenzten Produktionskapazität selbst noch nicht das Ziel. Auch wenn diese Investorengruppe noch keine POET-Aktien kauft, so ist die Roadshow ein wichtiges Mittel dazu, das Unternehmen bekannt zu machen und die Grundlagen für einen späteren Einstieg zu legen.
Während die institutionellen Anleger noch abwarten, ist die Investitionsentscheidung für Einzelpersonen leichter, denn die brauchen sie nur vor sich selbst zu verantworten.
Wie sich interessierte Investoren über das in der Präsentation Vorgestellte näher informieren würden, wollte ich wissen. Nun, durch Nachfragen beim Unternehmen selbst, meinte White. Spielen auch Internet-Foren wie Agoracom eine Rolle dabei? Doch, ja, zu einer sorgfältigen Betrachtung („due diligence“) gehörten natürlich auch Online-Ressourcen, erläutert der IBK-Chef. Man googelt und schaut, was so hochkommt. Agoracom gehöre dann auf jeden Fall dazu. Foren seien für Kleinanleger das Mittel der Wahl, den Informationsfluß untereinander aufrecht zu halten.
Kommunikation
Apropos Informationsfluß: Suresh Venkatesan hatte in der Audiokonferenz am 2015-09-30 versprochen, die Kommunikation des Unternehmens zu verbessern. Da ist noch abzuwarten, wie sich der neue IR-Dienstleister Robert Ferri Partners machen wird. Da gab es zuletzt einige Klagen über mangelnde Reaktionen auf Anfragen. White will das an Venkatesan weitergeben.
Medienmitteilungen könnten meiner Meinung nach ausführlicher sein. Sie sollten besonders die technischen Dinge verständlicher erklären und ihre Implikationen aufzeigen. Das gilt auch oder erst recht für die POET-Patente. Erst vor wenigen Tagen erhielt POET Technologies das Patent „Optical closed loop microresonator and thyristor memory device“ erteilt.
Michael White schränkte allerdings die Bedeutung neuer Patente für das aktuelle Geschäft ein. Ob, wann und wie ein Patent tatsächlich in einem Produkt umgesetzt und damit Geld verdient werde, sei gegenwärtig noch gar nicht klar. Damit mag er Recht haben, doch ist es aus meiner Sicht durchaus bedeutsam, daß POET Technologies nicht nur Ideen für die nächsten paar Jahre hat, sondern auch langfristige Perspektiven, für die die heutigen Patenten die Grundlage bilden.
POET-Investorentag
Schließlich diskutierten wir die Idee eines POET-Investorentags in Deutschland. Eine solche Veranstaltung kann das Unternehmen mit den deutschen POET-Aktionären – und denen, die es vielleicht werden wollen –, näher zusammenbringen und den Bekanntheitsgrad des Unternehmens erhöhen. Ein technisches Schwerpunktthema und vielleicht Prototypen eines VCSEL-Transceivers zum Anfassen könnte auch für Technikjournalisten interessant sein, die dann darüber berichten.
Michael White gefällt diese Idee gut. Der Investorentag solle dann möglichst im Kontext einer Roadshow oder eines anderen Anlasses stattfinden, wenn POET Technologies sowieso in der Nähe sei, meinte er. Suresh Venkatesan sei ja zur Compound Semiconductor Conference am 1. und 2. März 2016 in Brüssel. Ohnehin möchte White gern im ersten Quartal 2016 erneut zu einer Roadshow nach Deutschland kommen. Das sei aber noch nicht in trockenen Tüchern, und einen Termin dafür gebe es erst recht noch nicht.
Ich denke, die deutschen POET-Aktionäre sollten die Idee eines Investorentags im deutschen POET-Technologies-Forum diskutieren und – falls grundsätzlich genügend Interesse besteht – ein Grobkonzept erstellen und Fragen wie diese beantworten:
- Was erwarten Aktionäre von einem Investorentag?
- Welchen Nutzen hat POET Technologies von einem Investorentag?
- Wo sollte der Investorentag stattfinden?
- Wie viele Personen würden teilnehmen?
- Wie können wir technische Journalisten erreichen und einladen?
- Wie überwinden wir die Sprachbarriere?
- Eintritt
- Verpflegung
- Welche professionelle Unterstüzung brauchen wir?
- Wie hoch sind die Kosten?
- Was sind weitere Punkte, die wir bedenken sollten?
Mit einem solchen Grobkonzept würde Michael White zu Suresh Venkatesan gehen, ihn von der Sache zu überzeugen versuchen und die weitere Schritte besprechen.
Der Aktienkurs
Ach ja, der Aktienkurs! Über den gegenwärtigen Aktienkurs und sein tägliches Auf und Ab haben wir gar nicht gesprochen, abgesehen von der Feststellung, daß POET Technologies klar unterbewertet ist.
In eigener Sache
Meine Blogbeiträge zu POET Technologies sind kostenlos und sollen es möglichst auch bleiben. Informationen zu recherchieren, aufzubereiten und Beiträge zu schreiben, kostet jedoch einiges an Zeit und Aufwand. Wenn dir das Ergebnis etwas wert ist, dann klicke hier:
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Eine kleine Frage hätte ich noch:
„Es ist schwierig, etwa einen Server- oder Smartphone-Hersteller davon zu begeistern, in seinen Modellen die Chips einer bekannten Marke wie Intel, AMD oder ARM durch etwas vollkommen Neues wie POET-Chips zu ersetzen.“
Ich hatte eigentlich im Kopf, dass man gerne Intel, AMD und die entsprechenden ARM Partner gerne überzeugt hätte zu einem Verfahren auf POET basierend zu wechseln.
War denn jemals geplant, eigenes Prozessordesign zu machen?
Und gehört das Überzeugen von den Foundries und Herstellern (ihre Produkte auf GaA zu bauen und dann optisch zu erweitern) noch in die langfristigen Unternehmensziele?
Und Vielen Dank mich noch für dieses außergewöhnliche Engagement, den Zeitaufwand und diese sehr wertvolle Informationsquelle!
Wie ich geschrieben habe, sieht der Plan zunächst mal vor, optisch an Chips anzudocken (2019) mit dem gewaltigen Vorteil, nicht gegen die Haie ankämpfen zu müssen, sondern mit ihnen zu schwimmen und sie sogar zu »füttern«, denn erst diese Lösung erschließt das volle Potential heutiger Siliziumprozessoren.
Das schließt reinrassige GaAs-Chips natürlich nicht grundsätzlich aus, und das war auch der ursprüngliche Plan unter Peter Copetti, aber ich glaube mittlerweile, daß das eine langfristige Geschichte wird. Nicht unbedingt wegen technischer Probleme, sondern wegen des Beharrungsvermögens der Industrie.
Ich denke, POET macht es richtig, indem man danach schaut, wo mit dem geringsten Aufwand das meiste Geschäft zu machen ist. Die optische Datenkommunikation ist da schon sehr genial!