Nach einigen Wochen Funkstille gab es am Montag endlich wieder eine Mitteilung von POET Technologies. Die beiden wichtigsten Punkte: Die bislang unbekannte „3rd party foundry“ heißt BAE Systems, und bei der technischen Entwicklungsplanung ist Apple mit an Bord.
English abstract: After a few weeks of silence POET Technologies finally issued a news release on Monday. The most prominent items: That unknown „3rd party foundry“ is BAE Systems. And for technological roadmap planning Apple is also on board.
- English readers, please find an automatic Google translation of the complete article here. However, please beware it is anything but perfect!
Einen Vertrag habe man unterzeichnet, teilt POET Technologies mit, gemäß dem BAE Systems »nicht exklusive« Foundry-Leistungen erbringt, um POET Technologies beim Lab-to-Fab-Übergang zu unterstützen. Dabei geht es darum, den Herstellungsprozeß für POET-Chips vom Labor in eine industrielle Produktionsumgebung (Fab) zu bringen. Das schließt auch den Bau von Prototypen ein sowie das Erstellen von Designkits, die Chipentwickler benötigen – und natürlich einen automatisierten, präzise wiederholbaren Produktionsprozeß mit hoher Qualität der gefertigten Halbleiterbauelemente auf dem Chip.
Der Rüstungs-, Flugzeug- und Elektronikhersteller BAE Systems und POET Technologies kennen sich nicht erst seit gestern, sondern sind bereits seit 2008 Kooperationspartner. BAE Systems kennt die POET-Technik gut und kann sie einschätzen. Schon mehrfach hatte BAE Systems technische Entwicklungen von POET Technologies validiert. Dies geschah durch die Herstellung von POET-Chips auf den BAE-Anlagen und durch Prüfen der Ergebnisse. Zuletzt erledigte BAE Systems dies für POETs Infrarot-Detektor vor gut einem Jahr, siehe auch meinen Blogbeitrag »Weniger Risiken bei POET Technologies«. Damals zitierte POET Dr. Pane Chao, Technischer Direktor im BAE-Mikroelektronikzentrum in Nashua, New Hampshire (USA): »Die Zusammenarbeit zwischen BAE Systems und POET Technologies kommt beiden Seiten zugute. Wir bieten die Dienstleistungen eines Chipherstellers, im Gegenzug sind wir ganz dicht dran an diesen sich rasant entwickelnden Möglichkeiten.«
Offensichtlich haben die Partner diese Zusammenarbeit fortgesetzt und intensiviert. »Die POET-Technik bildet Silizium-Prozesse auf integrierte Galliumarsenid-Schaltkreise ab und ermöglichst multifunktionale Chips mit Photonik und Elektronik für verbesserte kommerzielle und militärische Produkte«, kommentierte Dr. Chao jetzt. »Die Zusammenarbeit mit BAE Systems macht den POET-Herstellungsprozeß schneller und ausgereifter – zugunsten einer zügigen Verfügbarkeit von Prototypen und einem glatten Übergang in die Produktion.«
Am Lab-to-Fab-Übergang arbeiten beide Unternehmen bereits seit einem halben Jahr, siehe »POET präsentiert Produktpartner«. Allerdings hatte POET Technologies den Partner bislang als „3rd party foundry“ bezeichnet, so daß gerätselt werden durfte, um wen es sich da handelte. Ich hatte – wie wohl die meisten – auf GlobalFoundries getippt, aber das ist mit der heutigen Medienmitteilung passé. Der Wortlaut sagt zwar nicht ausdrücklich, daß BAE Systems die „3rd party foundry“ ist, POET Technologies bestätigte dies aber auf Anfrage.
Unklar sind die »Phasen« des Lab-to-Fab-Übergangs, von denen die POET-Mitteilung spricht. Die aktuelle Phase läuft von März bis August 2015. Welche Phasen es sonst noch gab oder gibt, wie sie definiert sind und was in ihnen passieren soll oder passiert ist, bleibt offen. Die POET-Mitteilung liest sich streckenweise so, als ob die Arbeit jetzt erst beginne und nicht schon vor einem halben Jahr. Daß aber in der Tat bereits erhebliche Arbeit geleistet wurde, kann man nicht nur vergangenen Mitteilungen entnehmen, sondern auch der aktuellen. Sie zitiert POETs Chief Technology Officer Daniel DeSimone damit, man habe gerade erst die wichtigste Prozeßkette erfolgreich in die BAE-Einrichtungen transferiert. Nun wolle man den vollständigen Ablauf zunächst für 3–Zoll-Wafer implementieren, danach für 6 Zoll. Auf meine Nachfrage hin mochte POETs Investor-Relations-Mann Christopher Chu die Phasen nicht kommentieren, stellte aber weitere Informationen dazu in künftigen Mitteilungen in Aussicht.
In den letzten Monaten war von den militärische Einsatzmöglichkeiten der POET-Technik kaum die Rede gewesen. Aber möglicherweise spielen gerade militärische Interessen in den Lab-to-Fab-Übergang hinein. Das ist umso wahrscheinlicher, als BAE Systems und nicht GlobalFoundries der Foundry-Partner ist. Militärische Interessen dürften erstens die Geheimniskrämerei erhöhen, zweitens die technischen Anforderungen erhöhen und drittens die gesamte Entwicklung verlangsamen.
Redet Apple bei POETs Technikstrategie mit?
Auch wenn der Foundry-Partner nun bekannt ist, kann dies allein den Kursschub vom 30. März nicht erklären. Vielmehr kommt die große Überraschung dieser POET-Mitteilung en passant daher und ist erst auf den zweiten oder dritten Blick erkennbar. Man habe ein Technology Roadmap Advisory Board ins Leben gerufen, einen Beratungsausschuß, der einen Fahrplan für die künftigen technischen Entwicklungen als Vorschläge für das POET-Management ausarbeiten soll. Vernünftig, denkt der Leser.
Dr. Geoff Taylor sei dabei – klar, denkt der Leser, schließlich ist Taylor der Erfinder des POET-Verfahrens und technischer Kopf des Unternehmens. Auch Ajit Manocha sei im Ausschuß – keine Überraschung für den Leser, schließlich hat Manocha als ehemaliger GlobalFoundries-Chef weitreichende Industriekontakte; er weiß, was die Kunden wünschen oder kann mal eben ganz oben nachfragen. Und Tony Blevins sitze im Ausschuß – wie bitte? Wer, zum Kuckuck, ist Tony Blevins, und was hat er da zu suchen? Die POET-Mitteilung verrät es nicht. Kurzes Googeln und eine Rückfrage bei POET Technologies ergeben: Blevins ist ein Top-Manager bei Apple, und zwar laut PC-World-Artikel von Anfang 2014 Vice President of procurement, also für das Beschaffungswesen zuständig. Zoominfo nennt Blevins Senior Director of Operations.
Auf Nachfrage bestätigte POET Technologies, daß es sich in der Tat nicht um irgendeinen Tony Blevins handle. Zwar dürfe man Apple nicht nennen, aber die fragliche Person sei in der Tat der Manager, der zur Zeit bei Apple arbeite. Wenn POET das einerseits nicht in die Medienmitteilung schreibt, anderseits aber kein Problem darin sieht, die Verbindung zwischen Blevins und Apple außerhalb der offiziellen Mitteilung zu bestätigen, läuft das meines Erachtens auf folgendes hinaus: Die Sache ist kein Geheimnis, aber man will auch nicht die Pferde scheu machen. Durch Weglassen von »Apple« schlagen die Tools, die Unternehmensmitteilungen automatisch analysieren, keinen Alarm. Die Mehrheit der Analysten, Journalisten und Investoren bekommt vor der ganzen Geschichte nichts mit – noch nicht.
Zwei Erklärungsvarianten:
- Apple nimmt durch Blevins unmittelbar Einfluß auf POETs Technikstrategie. Das wäre eine Knaller-Nachricht! In diesem Fall kann ich nur hoffen, daß POET sich nicht von Apple über der Tisch ziehen, austricksen und in irgendeine Exklusivitätsfalle locken läßt! Die POET-Technik ist viel zu wichtig, um nur von einem einzigen Unternehmen eingesetzt zu werden. Das wäre so, als dürfte nur ein einziger Autohersteller die Technik »Verbrennungsmotor« nutzen. Das Ergebnis wäre ein zu mächtiges Unternehmen, hohe Preise, schlechte Qualität und fehlende Innovation.
- Die zweite Möglichkeit: POET Technologies hat Blevins von Apple abgeworben, womöglich gar als künftigen CEO. Denn jemand, der »zur Zeit« bei Apple arbeitet, könnte schon im nächsten Monat bei POET angestellt sein – und das ist nicht mehr weit. In diesem Fall brächte Blevins weitreichende Kenntnisse mit, die für POETs Strategie sehr wertvoll wären.
Wie auch immer: Beide Varianten sind durch das Interesse Apples oder Blevins ein gewaltiger Vertrauensbeweis in die POET-Technik und in seine Kommerzialisierung, ein starkes Signal für alle, die noch an der Seitenlinie stehen und unsicher sind, ob sie in POET investieren sollen oder nicht.
Die ersten Anleger haben auf dieses Signal jedenfalls positiv reagiert: Die POET-Aktie kletterte am Montag um 11,5 Prozent auf CAD 1,84.
Und die Meilensteine?
Für Ende des ersten Quartals sind drei Meilensteine angekündigt: Ringoszillator, VCSEL und PDK. Dazu sagt die POET-Mitteilung kein Wort. Ich vermute daher, daß die Meilensteine erreicht oder weitgehend erreicht sind, und daß POET sehr bald eine separate Mitteilung herausgeben wird, um diese Erfolge angemessen zu würdigen.
Update (2015-04-01): POET Technologies auf BNN
Wie am 2015-04-01 im Agoracom-Forum zu erfahren war, wird der CEO von POET Technologies am Montag, 13. April, ab 18:30 Uhr MESZ im kanadischen Wirtschaftskanal Business Network News (BNN) zu sehen sein. Er wird etwas zur Ertragssituation des Unternehmens sagen und zur Berufung von Tony Blevins in das Technology Roadmap Advisory Board. Der CEO wird nach heutigem Kenntnisstand Peter Copetti sein, zumindest hat POET Technologies bis jetzt keinen anderen Chef bekanntgegeben.
POET Technologies im Fernsehen: das ist eine Premiere. Dieser Auftritt wird Gewicht haben, auch deshalb, weil POET bis vor kurzem noch alle Interviewanfragen der Medien zurückgewiesen hat. Offensichtlich schlägt das Unternehmen jetzt ein neues Kapitel auf und geht an die Öffentlichkeit. Vermutlich wird POET in den nächsten Tagen oder direkt am 13. April den Jahresabschluß 2014 vorlegen. Ich rechne außerdem mit einer positiven Mitteilung zu den Meilensteinen vor dem BNN-Auftritt. Nähere Erläuterungen zu Tony Blevins und der Apple-Connection werden zweifellos interessant!
Bitte beachten Sie die Hinweise zu Risiken und zum Haftungsausschluß!
Vielen Dank Rainer…Top Kommentar
Tja…., nun wohl doch Apple, die da irgendwie mit im Spiel sind. Wurde ja schon nach dem ersten kleinen Werbespot vermutet. Es dürfte wohl bessere, weniger gefräßige Partner geben. Wir dürfen gespannt sein….
Hallo Rainer.
Das Sunny Forum ist verschwunden.
Weist Du, was da los ist?
Grüße.
Offenbar technische Probleme beim Betreiber. Und inzwischen ist es wieder da.