POET-Chefwissenschaftler verkauft POET-Aktien

Das war keine Nachricht, nach der sich Anleger die Finger lecken: Dr. Geoff Taylor, Chefwissenschaftler von POET Technologies und Erfinder des POET-Verfahrens, verkaufte einen Teil seiner Aktien.

English abstract: That wasn’t news investors awaited eagerly: Dr. Geoff Taylor, POET Technologies‘ chief scientist and inventor of the POET process, sold a share of his shares.

 

Persönliche Gründe

Wie POET Technologies gestern vor Handelsbeginn mitteilte, hatte Dr. Taylor vorgestern (2014-10-01) 300.000 seiner POET-Technologies-Aktien verkauft. Taylor betonte, er verkaufe ausschließlich aus persönlichen finanziellen Gründen. Sein Vertrauen in sein Lebenswerk POET sei ungebrochen.

Dr. Geoff Taylor (Foto: Rainer Klute)

Dies sei der erste Aktienverkauf durch Taylor in über drei Jahren.

Bis 2016 plane Taylor keine weiteren Verkäufe. Er besitze nach dem Verkauf noch 994.985 POET-Aktien und 2.890.000 Optionen

Insider-Verkauf

Für Insider-Verkäufe kann es eine Reihe verschiedener Gründe geben. Während der Kauf von Aktien durch einen Insider immer ein gutes Zeichen ist und das Vertrauen des Insiders in sein Unternehmen widerspiegelt, ist das bei einem Insider-Verkauf nicht so einfach. Zwar ist grundsätzlich nicht der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, der Verkäufer sehe für sein Unternehmen schwarz und verkaufe daher seine Anteile, doch ist das nicht der einzige denkbare Grund. In vielen Fällen braucht der Verkäufer schlicht das Geld. Auch ein Insider hat ja (abgesehen von Dividenden) erst dann einen Nutzen von seinen Aktien, wenn er sie verkauft. Daher kann ein Insider-Verkauf ein schlechtes Zeichen sein, muß es aber nicht.

Taylor ist sich dessen natürlich bewußt. Er will Spekulationen und Unsicherheit vermeiden. Er will nicht, daß POET-Aktionäre seinen Verkauf als schlechtes Zeichen werten. Er läßt sie daher nicht über seine Motive im Ungewissen: nicht etwa Zweifel an der POET-Technik, sondern persönlicher Geldbedarf sei der Grund für den Verkauf. Wofür Taylor das Geld braucht, verrät er nicht, aber er ist natürlich auch niemandem Rechenschaft schuldig.

Taylor ist in seiner finanziellen Flexibilität gegenüber normalen Anlegern ohnehin eingeschränkt. Einerseits ist er es, der durch die Entwicklung des POET-Verfahrens seit Jahren und Jahrzehnten die wesentliche Arbeit leistet. Andererseits kann er die Früchte seiner Arbeit über sein normales Gehalt hinaus nur sehr eingeschränkt nutzen, weil seine Transaktionen mit Argusaugen beobachtet werden, weil das Unternehmen möglicherweise eine Handelssperre für Insider verfügt hat und weil er sich womöglich unangenehmen Fragen der Börsenaufsicht ausgesetzt sieht.

Die Börsenaufsicht tritt dann auf den Plan, wenn Insider ihren Wissensvorsprung gegenüber der Öffentlichkeit zum persönlichen finanziellen Vorteil ausnutzen, also zum Beispiel vor der öffentlichen Bekanntgabe guter Nachrichten schnell noch Aktien ihres Unternehmens kaufen oder vor der Veröffentlichung schlechter Nachrichten verkaufen. So etwas ist natürlich verboten.

Diesen Fall können wir hier wohl ausschließen. Wir können sogar schlußfolgern, daß in der nächsten Zeit keine schlechten Nachrichten ins Haus stehen, denn dann hätte Taylor ja nicht verkaufen dürfen. Vielleicht sind sogar gute Nachrichten zu erwarten. Wahrscheinlicher finde ich aber, daß sich in den nächsten Wochen und Monaten gar nichts tun wird. Denn das PET-PDK und die Fertigung von Demochips sind ja erst für Ende des Jahres angekündigt. Überraschungen kann es trotzdem jederzeit geben, beispielsweise die Partnerschaft mit einem Großunternehmen.

Unbedingt positiv ist jedenfalls, daß Taylor den Großteil seiner Aktien und Optionen behält und nur soviel verkauft, wie er für den aktuellen Bedarf und vielleicht den der nächsten Zeit braucht. Außer ihm hat auch kein weiterer Insider verkauft.

Sehr interessant ist auch Taylors Hinweis, vor 2016 keine weiteren Aktien verkaufen zu wollen. Offenbar rechnet er bis dahin mit einem deutlichen Anstieg. Das würde gut in den zeitlichen Ablauf passen, wie ihn POET Technologies kommuniziert hat beziehungsweise wie ich ihn vermute:

  • Ende 2014 / Anfang 2015:
    • Fertigstellung des PET-PDK für 40 nm
    • Wiederholung des 100-nm-Prozesses in der unbenannten Foundry und Reduzierung auf 40 nm inkl. Fertigung von Demochips
    • Erste Einkünfte („NRE revenue“) durch Lizenzierung des POET-Verfahrens bzw. des PET-PDK an Chipentwickler und Foundries
  • Ab 2015:
    • Chipentwicklung durch Kunden
    • Implementierung des POET-Verfahrens in Foundries
    • Weitere Einkünfte durch weitere Lizenzierungen
    • Erweiterung des PDK um die optischen Halbleiterkomponenten („Full POET PDK“)
  • Ab 2016:
    • Fertigung erster PET-Chips
    • Erste Umsatzbeteilungen an verkauften Chips

Aktienkurs

Auch wenn die weiteren Perspektiven von POET Technologies nach Taylors Worten unverändert sind, so ist der Aktienverkauf natürlich dennoch keine Nachricht, die den Kurs in die Höhe treibt. Im günstigsten Fall passiert überhaupt nichts, weil sämtliche Anleger Taylor und seiner Aussage vertrauen und ihre Aktien behalten. Realistischer ist allerdings, daß längst nicht jeder diese Einschätzung teilt und daher Material in den Markt gibt – vielleicht auch aus Enttäuschung über den Aktienkurs. Denn der dümpelt in den letzten Monaten trotz guter Nachrichten mehr oder weniger vor sich hin, wenn auch mit heftigen Ausschlägen in beide Richtungen.

Gestern fiel der POET-Kurs gestern zu Beginn des Handels in Toronto vom Vortagskurs von 1,34 CAD deutlich bis auf 1,15 CAD. Im Handelsverlauf gelang zwar ein Anstieg auf 1,30 CAD, doch gab der Kurs zum Schluß wieder auf 1,21 CAD nach.


Bitte beachten Sie die Hinweise zu Risiken und zum Haftungsausschluß!

5 Kommentare zu „POET-Chefwissenschaftler verkauft POET-Aktien“

  1. Ich finde es gut, dass Poet extra eine „erklärende“ Meldung zu dem Insider Verkauf veröffentlicht hat.
    Der Aktienpreis hat sich am Freitag schon wieder erholt.
    Das Niveau von 1,2 Can$ auf Wochenschlusskursbasis ist eine starke Unterstützung.
    Wenn man sieht welche Bewertungen z.B. bei Internet oder Biotech Firmen bezahlt werden, kann man Poet nur als Schnäppchen bezeichnen.
    In 6 oder 12 Monaten wird es keine Rolle spielen ob man 10 Cent mehr oder weniger bezahlt hat.

  2. Ein Hinweis aus aktuellem Anlass:
    Die Aktienmärkte in Europa und USA befinden sich seit ca. 3 Wochen in einer Korrektur. Dabei ist gerade in den letzten Tagen die Nervosität deutlich angestiegen. Sehr schön z.B. am Volatilitätsindex (VIX) zu sehen. Daraus könnte an den Märkten auch ein größerer Einbruch oder evtl. sogar Crash entstehen.
    Das kann auf die Kursentwicklung von Poet negative Auswirkungen haben, gerade auch in einer Phase ohne News.
    Das hat aber absolut nichts mit der Firma zu tun!
    Wichtig ist, in solchen Phasen nicht emotional zu handeln!

      1. Das ist euphemistisch für »die Aktienmärkte befinden sich auf dem Weg nach unten«.

        Wenn POET Technologies erste Umsätze vermelden wird, dürfte die Aktie ebenfalls korrigieren – aber in Richtung des wahren Wertes, also nach oben. 😉

  3. Ich habe beobachtet, dass parallel zu Poet fast alle Aktien an Wert verloren haben. Scheint tatsächlich im Augenblick ein genereller Trend zu sein und nicht an Poet selbst zu liegen.

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