Derzeit hat POET Technologies als reines Forschungs- und Entwicklungsunternehmen keine Einkünfte, zumindest keine nennenswerten. Die wesentliche Aufgabe des POET-Managements ist es nun, die Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung in Einnahmen zu verwandeln. Hier dürfte der 28. April mit einem Vortrag von Dr. Geoff Taylor ein entscheidendes Datum sein.
Am 4. April veröffentlichte POET Technologies den konsolidierten Jahresabschluß 2013 und wies darin einen Verlust von 7,9 Millionen US-Dollar aus. Anleger brauchen sich darüber nicht weiter zu beunruhigen, denn bei einem reinen Forschungs- und Entwicklungsunternehmen ist das nicht nur kein Wunder, sondern eingeplant. Gehälter und Geräte kosten Geld, während sich die Einnahmen in Grenzen halten, so es denn überhaupt welche gibt. POET Technologies erhält seit Jahren Mittel aus dem SBIR-Programm (Small Business Innovation Research) der US-Regierung, die zwar helfen, aber die Kosten bei weitem nicht decken können.
Jahresabschluß
Eine nähere Erläuterung des Jahresabschlusses findet sich im Dokument „Management’s Discussion and Analysis Year ended December 31, 2013“ (MD&A). Wer in POET-Aktien investiert hat oder überlegt, das zu tun, sollte sich damit beschäftigen. Blind Geld in irgendein Unternehmen zu stecken, ist ja keine gute Idee.
Wen trockene Zahlen nicht so sehr begeistern, sollte sich die wenigstens die Kapitel „Business Overview“ und „Industry Outlook“ zu Gemüte führen.
„Business Overview“ gibt einen Überblick über das, was POET Technologies eigentlich tut. Da geht es um nicht weniger als um eine technische Revolution, nämlich um die Ablösung der bisherigen Silizium- durch Galliumarsenid-Halbleiter in weiten Bereichen – mit entscheidenden Vorteilen. Ich zitiere aus der MD&A:
Silicon-based semiconductor technology has been pushed to its limits. … PTI [POET Technologies Inc.] has developed a unique, proprietary process that addresses the needs of speed, size, energy and cost efficiency associated with the current silicon-based technology along with the hurdles of expanding silicon-based chip technology to fit the needs of product developers.
Laut Kapitel „Industry Outlook“ soll der weltweite Halbleitermarkt bis 2015 auf 550 Milliarden US-Dollar steigen. Die von POET entwickelte Technik ist in einem Großteil dieses Marktes einsetzbar und bietet je nach Anwendung gegenüber herkömmlicher Siliziumtechnik erhebliche Leistungssteigerungen und Stromersparnis. Der Clou ist jedoch, daß Hersteller diese Vorteile nicht durch milliardenschwere Investitionen erkaufen müssen, sondern sie können POET-Chips auf den vorhandenen Produktionsanlagen für Siliziumhalbleiter herstellen, auch auf älteren Anlagen. Dazu sind nur geringfügigen Anpassungen nötig.
Taylors Toronto-Talk
Das POET-Verfahren wurde bereits von unabhängiger Seite verifiziert. Nun kommt es darauf an, nicht nur viele Patente und tolle Verfahren zu haben, sondern sie zu Geld zu machen und Einnahmen zu generieren.
POET produziert, vom eigenen Labor abgesehen, selbst keine Chips und wird dies auch künftig nicht tun. Nötig ist daher ist die Zusammenarbeit mit Herstellern. Die würden POET-Chips auf Großanlagen in Serie produzieren und führen dafür Lizenzgebühren an POET Technologies ab. Ein andere Möglichkeit wäre, das Unternehmen samt Patenten und Mannschaft komplett an einen Interessenten zu verkaufen.
Eine Monetarisierung in welcher Form auch immer ist eine äußerst sensible Angelegenheit. Wer wann mit wem redet oder gar worüber – keiner der Beteiligten hat ein Interesse daran, daß diese Informationen an die Öffentlichkeit dringen. Was auch immer laufen mag, es unterliegt strikter Geheimhaltung. POET Technologies hat mitgeteilt, daß solche Gespräche stattfinden, aber mit wem verhandelt wird oder wie weit diese Verhandlungen gediehen sind, darüber schweigt man sich aus. Schon seit über einem Jahr dürfen die Mitglieder des POET-Managements daher keine Aktien des Unternehmens handeln. Denn sie verfügen über kursrelevante Insider-Informationen, die sie natürlich nicht ausnutzen dürfen. Geheimhaltung ist alles – und auch das richtige Timing!
Doch demnächst könnte diese Geheimhaltung enden. Vom Timing her würde es jedenfalls passen. Am 28. April wird nämlich Dr. Geoffrey Taylor einen Vortrag im Empire Club of Canada in Toronto halten. Taylor ist der technische Kopf hinter allem, was POET ausmacht. In zwanzig Jahren Forschungsarbeit hat er das POET-Verfahren entwickelt.
Nun ist es nicht wirklich ungewöhnlich, wenn ein Universitätsprofessor – Taylor lehrt nach wie vor an der University of Connecticut – einen Vortrag hält. Ungewöhnlich und bemerkenswert ist aber der Ort, an dem dieser spezielle Vortrag stattfinden wird: Der Empire Club of Canada (ECC) ist nicht irgendein Verein, sondern nach eigenem Bekunden das älteste und größte Rednerforum Kanadas. Die Rednerliste ist jedenfalls beeindruckend und weist jede Menge illustrer Namen auf. Die Wikipedia nennt Indira Gandhi, Brian Mulroney, dem Dalai Lama, Margaret Thatcher, Bill Gates, Audrey Hepburn, John Diefenbaker, Ronald Reagan, Margaret Mead, Prince Philip, Winston Churchill, Billy Graham, Vladimir Putin, Pierre Trudeau, Grey Owl, Henry N.R. Jackman, Jean Chrétien, Hilary Weston, Maureen Forrester, Roberta Bondar, Adrienne Clarkson, Paul Martin, Stephen Harper, Michael Ignatieff, Mark Carney, Christopher Plummer, Gordon Pinsent und Beverley McLachlin.
Um im Empire Club of Canada vortragen zu dürfen, bedarf es einer Einladung. Wie der Club auf seiner Homepage schreibt, werden die Veranstaltungen von 200 bis 1.200 Gästen besucht. Viele Teilnehmer kommen wohl aus der Finanzbranche; die Vorträge finden in den Medien Beachtung.
Worüber wird Geoff Taylor referieren? Laut Vortragsankündigung geht es um das Ende des mooreschen Gesetzes, um die jetzt erreichten Grenzen des Siliziums und darum, wie POET Technologies diese Grenzen sprengt und wie Produkte mit erheblichen Verbesserungen in puncto Leistung, Stromverbrauch, Größe und Kosten möglich werden. Das sind zwar alles Dinge, die man schon länger auf der POET-Technologies-Homepage nachlesen kann, aber wer kennt die schon. Taylor wird seinen Vortrag nutzen, um diese revolutionäre Technik einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen und deutlich zu machen, welche tiefgreifenden Änderungen der Halbleiterbranche sie mit sich bringen wird.
Es würde mich aber sehr überraschen, wenn sich Taylor auf Dinge beschränken würde, die prinzipiell bereits bekannt sind. Ich denke, er wird eine Neuigkeit bekanntgeben, etwas Aufrüttelndes, das dem Rahmen des Vortrags gerecht wird. Taylor wird etwas zu berichten haben, das allen Anwesenden klar macht, welche entscheidende Bedeutung dem POET-Verfahren zukommt, daß es real ist, Veränderung bewirkt und weit mehr ist als bloßes Wunschdenken einer kleinen Technikbude. Die Bedeutung dieser Veranstaltung unterstreicht auch, daß POET-Vorstandschef Peter Copetti ebenfalls anwesend sein wird.
Was genau könnte Taylor bekanntgeben? Timing ist entscheidend wichtig, und da bieten sich einige spannende Dinge an, die sehr gut zum 28. April passen würden:
Fertigstellung der Technical Development Kits (TDK). POET-Kunden und -Partner brauchen diese TDK, um auf ihren Anlagen POET-Chips produzieren zu können. Die Fertigstellung der TDK hat POET als Meilenstein 11 in der Planung, siehe die obige Abbildung aus der Corporate Presentation. Wir wissen, daß POET an den TDK nicht allein arbeitet, sondern zusammen mit ausgewählten Partnern (Plural!) aus der angestrebten POET Developer Alliance. Diese Partner, deren Namen noch nicht bekannt sind, machen das natürlich nicht aus Spaß an der Freud‘, sondern aus handfesten kommerziellen Interessen. Sie brauchen die TDK, denn sie wollen POET-Chips herstellen. Meilenstein 11 war für das erste Quartal 2014 vorgesehen, könnte also bereits erreicht sein, zumal POET Anfang März mitgeteilt hatte, man sei dem Zeitplan voraus.Update: POET Technologies gab am 2014-04-08 das Erreichen dieses Meilensteins bekannt. Mehr dazu in meinem Blogbeitrag »POET Technologies stellt TDK-Dokumentation fertig«.- Bekanntgabe der POET Developer Alliance (PDA). Offenbar findet bereits eine intensive Zusammenarbeit zwischen POET Technologies und Partnern statt. Ich vermute daher, daß die POET Developer Alliance hinter den Kulissen längst in trockenen Tüchern ist und nur noch die öffentliche Bekanntgabe aussteht. Der Empire Club of Canada wäre dafür ein würdiger Rahmen. Es könnte sein, daß Taylors Vortag nicht nur aus den Punkten besteht »Dies ist das Problem« und »Dies ist unsere Lösung«, sondern auch »Dies sind unsere Partner, mit denen wir unsere Lösung umsetzen werden«. Das bedeutete dann auch:
- Lizenzvereinbarungen – Geld, das kontinuierlich in die Kasse strömt, ist entscheidend für den Erfolg von POET Technologies und damit natürlich auch für den Erfolg der POET-Aktie. Eine Produktpartnerschaft wäre mit ersten Lizenzzahlungen verbunden. Schon relativ bescheidene Einkünfte von, sagen wir, 30 Millionen Dollar entsprächen mehr als zehn Prozent des aktuellen Aktienkurses und würden diesen weiter Richtung Norden treiben.
- Erreichen des 100-Nanometer-Ziels. Wir wissen, daß einer der potentiellen Industriepartner die Verkleinerung der Chipstrukturen auf 100 Nanometer fordert. Dies ist als Meilenstein 8 eingeplant. Laut POET-Mitteilung vom 4. März geht die Arbeit daran ohne erkennbare Probleme voran. Da die Fertigstellung für Ende April vorgesehen ist, könnte es terminlich passen. Allerdings hört man über Geoff Taylor, er sei ein Perfektionist, also niemand, der großartige Ankündigungen macht über Dinge, die möglicherweise unter Umständen vielleicht erreichbar sein könnten, sondern er beschränkt sich auf das, was ganz sicher ist, was gründlich verifiziert, validiert und garantiert ist. Falls Taylor es überhaupt mit hineinnimmt, wird das Erreichen des 100-nm-Ziels mit Sicherheit nicht das einzige Knallerthema seines Vortrags sein, mit dem alles steht und fällt.
- In das Zeitfenster paßt möglicherweise auch der Pellegrino-Report 2.0 mit einer monetäre Bewertung von POET Technologies hinein. Vor drei Jahren hatte die Beratungsfirma Pellegrino & Associates das POET-Verfahren mit einer Milliarde Dollar taxiert. Heute ist die Verzweiflung der CMOS-Hersteller deutlich größer und die Einsatzmöglichkeiten von POET-Chips ebenfalls. Entsprechend wird auch das Bewertungsergebnis höher ausfallen. Dieses Ergebnis auf 212 Millionen Aktien (nach Ausübung aller Optionen) umzurechnen und die Differenz zum gegenwärtigen Aktienkurs zu bestimmen, sei jedem selbst überlassen.
- Mancher rechnet auch mit einer Übernahme von POET Technologies durch einen milliardenschweren Käufer wie Apple, Samsung oder ein anderes Halbleiterunternehmen. Ich persönlich hoffe, daß es dazu nicht kommt, zumindest noch nicht jetzt. Denn zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben die meisten Investoren POET Technologies überhaupt noch nicht auf dem Schirm oder gar verstanden. Eine zu frühe Übernahme könnte also zu einem viel zu niedrigen Verkaufspreis führen. Auch dafür ist die Pellegrino-Bewertung wichtig, denn sie würde eine untere Grenze für Übernahmeangebote darstellen. Optimal wäre für Investoren natürlich ein Bieterwettstreit, der den Kaufpreis auf einen Wert deutlich über der Pellegrino-Schätzung schrauben würde.
Was auch immer Taylor bekanntgeben wird: Um allen Investoren stets den gleichen Informationsstand zu bieten, wird die Publizierung in jedem Fall vorher über die üblichen Kanäle für Finanznachrichten erfolgen müssen. Man sollte also die Mitteilungen via Marketwired im Auge behalten. Möglich, daß POET am 28. April morgens zu Beginn des Börsenhandels eine entsprechende Bekanntmachung herausgibt und Taylor mittags dasselbe in seinem Vortrag bringt.
Falls jemand von euch am 28. April in Toronto ist und Lust hat, Taylors Vortrag mitzuerleben: Der Eintritt beträgt 80 Dollar; ein Mittagessen ist im Preis enthalten.
Bitte beachten Sie die Hinweise zu Risiken und zum Haftungsausschluß!
Deine POET-Artikel finde ich einfach nur großartig. Auch ich bin „deutlich“, vielleicht sogar „überdeutlich“, seit 2009 in POET investiert. Insofern ist mir natürlich alles schon bekannt. Trotzdem lese ich immer wieder gerne, was du zu POET schreibst.
Weil es passt und noch nirgends erwähnt wurde:
Jony Ive: Wir stehen am Beginn einer außergewöhnlichen Zeit:
http://www.mactechnews.de/news/article/Jony-Ive-Wir-stehen-am-Beginn-einer-aussergewoehnlichen-Zeit-157983.html#highlight=ive&q=ive&o=0
Klingt das nicht nach POET?
Mann, bin ich aufgeregt. 😀